FLIESEN UND BAMBUS: DIE METAPHER EINER STADTGESCHICHTE

Foto: Zhang Yong

Text: mag. Peter Reischer
Im Jahre 2013 hatte die Verwaltung der chinesischen Hafenstadt Fuzhou einen internationalen Wettbewerb für das neue Strait Culture and Arts Centre ausgeschrieben, den die in Schanghai und Helsinki ansässigen PES-Architects gewannen. Sie haben, entgegen dem Trend der beliebigen Formfindung, Rücksicht auf die Kultur und Tradition des Ortes genommen und die Blütenblätter des Jasmin (diese Blüte ist auch das Wahrzeichen von Fuzhou) als Ausgangspunkt für ihren Entwurf gewählt.

Andere Interpretationen sehen in der äußeren Form der fünf zum Ensemble gehörenden Gebäude eher die Inspiration von den Segeln der Boote, die vom Hafen der Stadt, die als eine der Hauptstädte der Seidenstraße gilt, abfuhren oder dort ankamen. Unabhängig davon wurde hier ein Projekt konzipiert, das darauf abzielt, ein symbolisches Vehikel zu sein, das die Geschichte der Stadt erzählen kann in Form einer Architektur, die auch als Metapher für die Tradition der Seidenstraße mit ihrem Transport von Keramik, Porzellan und anderen Gütern nach dem Westen steht.

Die hauptsächlich verwendeten Materialien neben dem für die Konstruktion benötigten Stahlbeton sind Bambus und Keramik.

Vielleicht auch deshalb sind die hauptsächlich verwendeten Materialien neben dem für die Konstruktion in gewaltigen Mengen benötigten Stahlbeton Bambus und Keramik. Das drückt sich in der Interpretation, Sprache, Farbe und Architektur aus. Die fünf Blütenblätter (oder der anderen Interpretation folgend: Segel) entsprechen dem Opernhaus, der Konzerthalle, einem multifunktionalen Theater, einer Ausstellungshalle für Kunst und einem Kinokomplex. Alle sind miteinander durch eine „Kulturpromenade“ und große Dachterrassen verbunden. Die Terrasse ist sowohl von den Jasmin-Gärten aus, wie auch vom zentralen Platz zu begehen und bietet eine nahtlose Verbindung des Komplexes mit dem Ufer des Minjiang River. Die Aufteilung in die fünf Bereiche (insgesamt 153 000 m2) bietet eine leichte Orientierung für die Besucher und schafft auch einen menschlicheren Maßstab. Jeder Bauteil hat sein Zentrum in einer halböffentlichen, gebogenen Galerie, die der Form des Blütenblattes folgt.

Keramische Fliesen sind dasjenige Material, welches sowohl im Außenbereich wie auch in den Innenräumen die meiste Präsenz besitzt. Die Architekten haben dafür mit dem taiwanesischen Keramikkünstler Samuel Hsuan-yu Shih zusammengearbeitet, um im Inneren der Architektur sowohl Ästhetik, wie auch die entsprechenden akustischen Anforderungen zu erreichen. Verwendet wurde in der Produktion das legendäre „China White“ in Verbindung mit einer neuen Technologie. Im Außenbereich sind alle Fassaden und Blenden mit weißen, keramischen Paneelen bedeckt, in der Konzert- und Opernhalle zeigt das Material eine kreative Art der akustischen Wandgestaltung und Oberfläche.

Für die Schallkontrolle wurden zwei Oberflächen entwickelt: ein strukturiertes Paneel und eine Mosaikfliese.

Für die Schallkontrolle wurden nach intensiven Studien der Akustikexperten zwei verschiedene Oberflächen entwickelt: ein strukturiertes Paneel und eine Mosaikfliese. Beide Teile lassen sich, entsprechend den jeweiligen topografischen Gegebenheiten verwenden und auch kombinieren, sie erzielen ebenso akustische wie qualitativ hochwertige optische Ergebnisse in der visuellen Designsprache. Die Hauptfassaden sind, aufgrund der Massierung der Baumassen, linsenförmig gebogen. Sie sind zum großen Teil aus Glas und, um eine Verschattung zu erzielen, haben eine vorgehängte Fassade aus keramischen Paneelen oder Sonnenblenden, deren Aufteilung ebenfalls einer exakten Berechnung der notwendigen Lichtintensität für die dahinter liegenden Innenräume, entspricht.

Die Multifunktionshalle ist für 700 Besucher ausgelegt. Ihre Wände sind mit aus CNC-gefrästen, soliden Bambusblöcken verkleidet, die eine spezielle, akustische wirksame Formgebung und Oberfläche haben. Auch in den anderen Zonen fällt die stringente und fast ausschließliche Verwendung von Bambus und Keramik auf. Es entsteht ein sehr durchgehender Eindruck einer freundlichen, warmen Atmosphäre.

.

Aus
STEIN.KERAMIK.SANITÄR
Ausgabe 4.2020

.

.

.

.

.

.

Mehr Informationen und Bilder zum Fuzhou Strait Culture and Art Centre auf der Internetseite der Architekten PES-Architects Consulting China Co. Ltd: https://www.pesark.com/strait.html.